Die Funken der kollektiven Entselbstung
Die Idee der Selbstermächtigung als Initationsreise des Bürgers.
Unsere Kämpfe sind keine Kämpfe im Außen. Sie sind kein Ringen um Rechts oder Links und auch kein Entweder-Oder, wenn es um Meinungsfreiheit, Pandemie-Pakt oder Impfpflicht geht. All die Spaltung und all die Wut – für den Künstler und Autor Raymond Unger sind sie schlussendlich nichts weiter als Ausdruck unserer inneren Zerrissenheit. Sie stehen sinnbildlich für den alles überschattenden Dualismus von Materialismus und Idealismus; den ewigen Wettstreit zwischen einem von Technokratie, Transhumanismus und Ideologie zersetzten Weltbildes und einem von Spiritualität, Vertrauen, Liebe und Verbundenheit getragenen Lebensgefühls.
Wohlwissend, dass sich der Streit dieser Urgewalten nicht primär auf irdischer, geschweige denn gesellschaftspolitischer, Ebene lösen lässt, sondern seinen Ursprung vielmehr bei jedem Einzelnen zu finden sucht, macht Unger in seinem letzten Buch »Die Heldenreise des Bürgers« dessen Titel zum Programm: die Initiationsreise als Weg zu wahrer Individuation und Freiheit. Wer seine wahren Motive, Ängste und »Schatten« nicht kennt, werde sein Leben lang gegen etwas an arbeiten, das weder Ursache noch Lösung seines eigentlichen Schmerzes ist. Alle Antworten, die sein Ich ihm gibt, «sind inflationär und führen in eine Spirale der Sinnlosigkeit und Depression». Erst in der Vereinigung der Welt unseres Innen- und Außenlebens und der damit einhergehenden Integration unseres »Schattens« können wir uns selbst wieder als lebendig erfahren. Und Menschen, die den Kontakt zu ihrem Selbst wiederhergestellt haben, werden – eben weil sie sich selbst als lebendig erfahren – nicht mehr anders können, als ihr materialistisches Weltbild aufzugeben.
Materialisten, so Unger, seien sich selbst noch nie in ihrem Innersten begegnet. Und weil in ihrem materialistisch-sozialistischen Weltbild alles von Geschlecht bis persönliche oder kollektive Identität verhandel- und modellierbar ist, erleiden sie eine Form von Gottlosigkeit. Das eigentlich so komplexe Menschenbild mit seiner Trinität aus Körper, Seele und Geist wurde hier zum deterministischen Algorithmus reduziert. Und damit nicht genug: In der Verdinglichung alles Organischen entfällt zugleich die argumentative Basis für die Würde alles Lebendigen. Die Freiheit des Geistes verraucht ebenso zur Illusion wie der freie menschliche Wille.
Unger nennt dies das Entzünden des »Funkens der kollektiven Entselbstung«. Es ist der Verlust von Wurzeln, Werten und Lebenssinn, begründet durch den Zerfall der Kernfamilie, der permanenten Enttäuschung politischer Versprechen oder einem kontinuierlich steigenden Gefühl des Ausgebranntseins, verursacht durch die langsam mahlenden Mühlen des kapitalistischen Systems, der die Frage aufwirft: Welchen Anspruch haben wir an uns selbst? Möchten wir uns und unserem Leben selbst einen Sinn verleihen oder möchten wir diesen – je nach Staatsräson – zugeschrieben oder im Zweifel sogar aberkannt bekommen? Worin möchten wir Sicherheit finden? In einem Politiker, einer Währung? Oder in uns selbst?
Für Unger ist klar: Für die langfristige und nachhaltige Rückkehr in eine freie, mündige Gesellschaft braucht es drei Dinge: die Nachreifung des Individuums, die Aufdeckung manipulativer Lobbynetzwerke und die Bewusstmachung eines weltanschaulichen Kulturkampfes. Denn: Solange die »ideologiefreie Ideologie« der Technokratie aufgrund seines Übermaßes an Verantwortungsübernahme die idealste und komfortabelste Staatsform für jeden infantilen Charakter bleibt, der im Stadium des ewigen Kindes zu verharren droht, führt kein Weg daran vorbei, eben in diesen Menschen die Idee der Selbstbestimmung zu entfachen.
»Am Ende des Lebens geht es nicht darum, wie gut du die Regeln eingehalten hast und wie viele Gesetze du befolgt hast, sondern ob du der geworden bist, der in dir angelegt ist.«
— Gunnar Kaiser
Gestern erschien Raymond Ungers neues Buch Habe ich genug getan? – in memorian an unseren gemeinsamen Freund Gunnar Kaiser im Europaverlag. Es freut mich, an dieser Stelle erwähnen zu können, dass mein Abschiedsbrief an Gunnar das Schlusswort dieses Buches bilden durfte. Raymonds Hommage an Gunnar ist sicherlich eine gelungene Ehrerbietung an ein zu früh gestorbenes Ausnahmetalent, einen Aufklärer und Freiheitskämpfer. Eine persönlichere Perspektive und Replik auf das Buch finden Sie hier.
Und zuletzt noch etwas in eigener Sache:
Ab Anfang Februar geht Milosz Matuschek mit “Stromaufwärts zur Quelle” (hier eine Hörprobe) auf Lesereise in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Da ich ihn auf dieser begleiten werde, dachte ich, die folgenden Termine seien vielleicht von Ihrem Interesse:
Noch viele Plätze: 5.02. Zug /Altes Rathaus, 18.30 Uhr, Tickets hier (paypal) oder hier (Kartenzahlung).
06.02. Basel (Parterre One) 20 Uhr, Tickets hier.
08.02. Schloss Ebnet/Freiburg i. Br., Schlosskappelle, 20.15 Uhr (Voranmeldung bei kontakt@idw-europe.org, bald ausgebucht). Eintritt frei/Spende.
10.02. Zürich, 18 Uhr, Eintritt frei/Spende, (Restplätze) Anmeldung hier.
22.03. Uster 19 Uhr, Eintritt frei/Spende, Anmeldung hier.
Bis ganz bald! Wir freuen uns auf Sie.
Liebe Lilly,
noch einen Kommentar zu Gunnar... Auch ich war 2021 in Kontakt mit ihm, weil wir als Gruppe mit alternativer Sicht auf die damaligen Geschehnisse ihn als Redner und Vortragenden "buchen" wollten, zu einer Gelegenheit ganz in der Nähe von Köln - es ist damals nicht dazu gekommen, leider.
Ich möchte zu deiner Krebserkrankung sagen, daß
1. er sich diagnostizieren ließ
2. er sich operieren ließ.
Beides ist nur aus Sicht der Schulmedizin angebracht und sinnvoll - er hat hier also "Experten" vertraut, obwohl er dieses Vertrauen in Experten sehr häufig und auch sehr reflektiert kritisiert hat.
Ich wünschte ihm damals, daß er die Einsicht und Kraft besitzt, sich aus dem schulmedizinischen Weltbild herauszuschälen. Leider hatte er (anscheinend) auch in seinem nächsten Umfeld niemand, der ihm eine andere Perspektive auch nur bieten konnte
Ich fand es besonders tragisch, einen dermaßen kritischen und hinterfragenden Menschen in den "Fängen" der Schulmedizin sterben zu sehen. Dies hätte nicht sein müssen...
...nur meine Gedanken. Lieben Gruß, Frank
Wenn du hervorbringst was in dir ist,
Wird das, was du hervorbringst, dich retten.
Wenn du nicht hervorbringst, was in dir ist, wird das, was in dir ist, dich zerstören.
Evangelium nach Thomas
Apokryphes Buch der Bibel