Sie umgibt uns wie die Luft zum Atmen: Funkstrahlung. Anders jedoch als im Märchen von der vernetzten Welt, erweist sich die Mobilfunktechnologie als Elektrosmog-Dystopie. Warum die Zukunft, die uns 5G verspricht, alles andere als eine strahlende sein wird, erklärten mir der Theologe Werner Thiede und Rebekka Meier vom «Verein Schutz vor Strahlung».
Was hat sich der Mensch nicht schon alles ausgesetzt? Radioaktivität, FCKW, Flourid, Aluminium und jetzt auch noch Elektrosmog. Man hätte meinen können, die Vergangenheit habe uns gelehrt, jeder technologischen Neuerung gegenüber erst einmal kritisch eingestellt zu sein. Doch im Gegenteil: Wie selbstverständlich werden 5G-Masten selbst im noch so kleinsten Dorf errichtet und das eigene Zuhause in eine lückenlos vernetzte Datenautobahn verwandelt.
Um mehr über die Risiken von 5G auf unsere Gesundheit zu erfahren, sprach ich mit Rebekka Meier, der Präsidentin des Schweizer Vereins «Schutz vor Strahlung».
Lilly Gebert: Frau Meier, welchen Einfluss hat Elektrosmog auf unsere Gesundheit?
Rebekka Meier: Elektrosmog ist der umgangssprachliche Begriff für Strahlung, die von normalen Stromleitungen, WLAN-Sendern, Smartphones und weiteren technischen Geräten und Installationen ausgehen. Strom im Kabel schwingt niederfrequent mit 50 Hertz, also 50 Schwingungen pro Sekunde, und erzeugt Strahlung in der direkten Umgebung der Stromkabel. Im WLAN-Router und der Handyantenne wird der Strom auf Hochfrequenz bis zu 3800 Millionen Schwingungen pro Sekunde beschleunigt und über die Luft ausgebreitet.
Niederfrequenz kann zu Verhaltensveränderungen führen, Ängste auslösen oder das räumliche Gedächtnis beeinflussen. In der Nähe von Hochspannungsleitungen wurden vermehrt Leukämie-Fälle bei Kindern beobachtet.
Die hochfrequenten Felder dringen in den Kopf und den Körper ein und beeinflussen die Hirnströme, also unser Denken. So kann die Kommunikation zwischen Gehirn und Beinen oder Armen gestört werden. Durch hochfrequente Strahlung können Kalzium-Ionen unkontrolliert in die Zellen einströmen und die unterschiedlichsten Symptome auslösen. Durch den entstehenden oxidativen Stress sind bei einem Anteil der Menschen mit Vorerkrankungen wie Krebs, Parkinson, Alzheimer, wie auch bei ganz jungen Menschen negative Effekte zu erwarten – beispielsweise eine Beschleunigung der Krankheit oder Entwicklungsstörungen. Dauerhaft erhöhter oxidativer Stress durch Dauerstrahlung führt bei jedem Menschen zu einer schnelleren Alterung, Müdigkeit und Erschöpfung.
Als Schutzmaßnahmen gegen Elektrosmog empfehlen Sie beispielsweise die Nutzung von Laptop und Handy über ein Lan-Kabel sowie das generelle Abstandhalten und Ausschalten der jeweiligen Geräte zur Nachtzeit. Wie aber kann ich mich schützen, wenn ich in einer Stadtwohnung lebe, der nächste 5G-Mast um die Ecke steht und keiner meiner Nachbarn sein WLAN nachts ausschaltet?
RM: Der Schutz vor ungewollter Strahlung ist je nach Quelle und Situation unterschiedlich, die Auswahl an Schutzprodukten riesig. Die wirkungsvollste Methode ist, die messbare Strahlung soweit als möglich zu reduzieren. Ein Baldachin für das Bett kann hier ein erster, einfacher Schritt sein. Der halbdurchsichtige Stoff ist mit tausenden feinen Metallfäden durchzogen und reflektiert rund 99% der Strahlung gegen außen weg. Verbessert sich dadurch nachts die Schlafqualität, ist man tagsüber leistungsfähiger und voller Tatendrang. Weitere Abschirmmöglichkeiten sind Abschirmfarben für Wände und Decken. Die Strahlung von Mobilfunkanlagen lässt sich gut durch Abschirmvorhänge an den Fenstern reduzieren, zudem absorbieren Backstein- und Betonwände Strahlung. Holzwände hingegen lassen Strahlung praktisch ungehindert durch und sollten daher mit Abschirmfarbe gestrichen werden.
Gibt es Wege und Möglichkeiten, die Installation eines 5G-Masts in seiner Umgebung zu verhindern? Oder kann das nur jemand wie Alain Berset?
RM: 5G-Antennen müssen einerseits Grenzwerte, andererseits eine ganze Liste anderer Vorschriften einhalten. Um noch stärker strahlen zu können, wird in den Baugesuchen oft geschummelt und es werden für zu stark belastete Wohnräume um Antennen kurzerhand keine Prognosen erstellt. Zudem verschandeln manche Antennen das Ortsbild, das Beton-Fundament gefährdet das Grundwasser oder in historischen Gebäuden sind die Brandschutzvorschriften nicht eingehalten. In all diesen Fällen darf die Anlage nicht bewilligt werden. Es ist von Vorteil, das Baugesuch gründlich zu studieren und nach Fehlern oder Verstößen zu durchsuchen. Denn die Behörden schauen erfahrungsgemäß nur selten genau hin.
Es wirkt beinahe absurd: Die Menschheit setzt sich geradezu willentlich einer Technologie aus, deren Auswirkungen auf Freiheit, Geist und Körper sie zwar kennen könnte, von denen sie aber nichts wissen will. Wie geht das zusammen? Sind wir bereits so «verstrahlt», dass wir nicht mehr merken, wie ausgeliefert wir sind? Mein Versuch, dieses Zuwiderhandeln von Datenlage und Praxis besser verstehen zu wollen, führte mich zum Theologen Werner Thiede, der sich in seinen Büchern «Mythos Mobilfunk. Kritik der strahlenden Vernunft» und «Digitaler Turmbau zu Babel. Der Technikwahn und seine Folgen» kritisch mit dieser Technologie auseinandersetzt.
Lilly Gebert: Herr Thiede, Studien weisen auf die mit 5G-Strahlung verbundenen karzinogenen und reproduktiven Entwicklungsrisiken hin. Der Frequenzbereich von 26 Gigahertz ist generell noch viel zu wenig erforscht. Wie erklären Sie sich die Fahrlässigkeit, dass diese Technologie so rasant vorangetrieben wird, ohne die Gefahren zu berücksichtigen?
Werner Thiede: Die Frage ist ja, ob es sich dabei um Fahrlässigkeit oder um Absicht handelt. Das gilt für die gesamte Mobilfunk-Debatte. Im August 2021 hat beispielsweise das US-Bundesgericht die dortige Regulierungsbehörde Federal Communication Commission (FCC) verpflichtet, endlich darzulegen, warum sie wissenschaftliche Nachweise für Schäden durch drahtlose Strahlung seit vielen Jahren ignoriert hat. Solche Ignoranz ist bei den höheren 5G-Frequenzbereichen, die bislang in Deutschland nur in wenigen begrenzten Fällen zur Anwendung gekommen sind, besonders bedenklich. Denn die immerhin vorliegenden Studien weisen hier auf besondere gesundheitliche Risiken hin. Wollte man sie fairerweise berücksichtigen, wäre ja der sogenannte Fortschritt womöglich gebremst – und unsere fortschrittstrunkene Gesellschaft will sich insgesamt kein technisches Zurückbleiben leisten! Ich erinnere mich an eine Aussage des bekannten deutschen Journalisten Marcus Rohwetter, wonach sich Technologiekonzerne regelmäßig um die hässliche Frage drücken, ob das, was jeweils erfunden werden soll, dem Menschen letztlich wirklich dient: «Ihnen geht es ums Geschäft, nicht um Ethik.»
Glauben Sie, hinter der rasanten Ausdehnung von 5G könnte noch etwas anderes stehen als der Edelmut, alle Menschen bestmöglich miteinander zu vernetzen?
WT: Selbstverständlich sind mit dem 5G-Ausbau und später einmal mit dem 6G-Ausbau zum einen massive kommerzielle Interessen verbunden. Zum andern kommen systemische Interessen hinzu, die in Richtung einer immer noch weiter zunehmenden Überwachung gehen. So hat sich Shoshana Zuboff, die international bekannte Autorin des lesenswerten Buches «Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus», nicht gescheut, in einem Interview zu unterstreichen, es sei vernünftig, sich über 5G Sorgen zu machen, weil dieser Mobilfunkstandard einen extremen Überwachungskapitalismus begünstige. Hinzu kommt, dass 5G insgesamt das Fortschreiten der Digitalisierung vorantreibt – etwa die Errichtung des problematischen «Internets der Dinge», das ein «Internet der Personen» nach sich ziehen dürfte.
In Anbetracht unseres Grundrechts auf körperliche und geistige Unversehrtheit, aber auch des seit dem 8. Oktober 2021 von den Vereinten Nationen anerkannten Menschenrechts auf ein Leben in einer gesunden Umwelt: Warum gibt es kein Recht auf analoges Leben?
WT: Ein solches Recht rückt ja überhaupt erst im Gegensatz zum immer selbstverständlicher werdenden virtuellen Leben überhaupt in den Bereich des nunmehr zu Postulierenden. Wenn unser natürliches Leben nicht mehr natürlich ist, dann droht unsere wunderbare Schöpfungswelt zum Irrenhaus zu werden. Aus christlicher Sicht sind wir zur Teilhabe an Gottes künftiger Vollendungswelt in der Ewigkeit berufen. Für Maschinen, Computer und noch so hoch entwickelte KI-Systeme sehe ich solch eine Berufung nicht. Dass Digitalisierungsfanatiker und Transhumanisten meinen, sie könnten mit ihren Mitteln sogar eine virtuelle Unsterblichkeit erschaffen, erweist sich schon bei kurzem Nachdenken als pure Leuteverdummung: Schließlich kann es eine technisch machbare Unsterblichkeit schon deshalb nicht geben, weil unser gesamtes Universum definitiv vergänglich ist.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber meines Erachtens weisen uns die Fragen, die 5G aufwirft, schlussendlich auf uns selbst zurück: Wie wollen wir leben? Gläsern? Überwacht und unter Generalverdacht? Oder vielleicht doch lieber analog und in echtem, ehrlichem Kontakt? Wohin wollen wir gehen? Ins Metaverse? In eine Gesellschaft, in der wir selbst nichts weiter als Nullen und Einsen sind? Oder doch in ein Miteinander, in dem Menschlichkeit das ist, was zählt? Wer wollen wir sein? Durch Elektrosmog unbelebt und unfruchtbar gemachtes Gemüse? Oder selbstbestimmte, vitale und – allem voran – freie Menschen? Die Wahl liegt bei uns.
Dr. theol. habil. Werner Thiede ist außerplanmäßiger Professor für Systematische Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg, evangelischer Pfarrer im Ruhestand und Publizist. Sein neuestes Büchlein heißt «Himmlisch wohnen. Auferweckt zu neuem Leben» (Leipzig 2023). werner-thiede.de
Der Verein Schutz vor Strahlung setzt sich für den Schutz der Bevölkerung vor durch elektronische Kommunikation erzeugter Strahlung ein. Er bietet Unterstützung beim Engagement gegen geplante Antennen und setzt sich für die Interessen von besonders empfindlichen Bevölkerungsgruppen und Anwohnern von Mobilfunkanlagen ein. schutz-vor-strahlung.ch
An alle Schweizer: Am 9. Juni 2024 kommt das neue Stromgesetz zur Abstimmung. Mit diesem kann der Einbau eines strahlenden Smartmeters erstmals verpflichtend werden. Für mehr Infos über die damit einhergehende Umweltzerstörung wie weitere Eingriffe in Landschaft und Recht klicken Sie hier.
Dieser Artikel erschien zuerst im Schweizer Magazin «Die Freien».
Wunderschöne Bilder, welche mich mit Sehnsucht erfüllen nach etwas, das es nicht mehr gibt. Nur war die Welt 1902, 1914/16 usw. wirklich besser? Sicher nicht, allein der Erste Weltkrieg eine Katastrophe. Manches war besser, viel besser, ein Großteil jedoch viel schlechter. Man denke auch an die Umweltbelastungen der Industrialisierung. So wird es immer sein. In den 70er Jahren aufgewachsen war ich sicherlich viel schädlichem Plastik ausgesetzt, vielleicht hier und da auch noch Asbest und vieles mehr. Heute sind diese Gifte durch andere, u. U. noch nicht erkannte, ersetzt. Für mich macht es keinen Sinn, mich in mögliche daraus entstandene gravierende Folgen hineinzusteigern, allein die Angst machte mich krank. Meine Mutter starb mit 76 infolge eines Mangels in ihrer Kindheit im 2.Weltkrieg und den daraus resultierenden Krankheiten. Mein Vater bekam Krebs aufgrund einer Asbestfaser in der Lunge. Der eine wird trotzdem uralt, der andere nicht. Auch dies wird bleiben. Den einen greift die Strahlung an, den anderen nicht.
Menschen, durch alle Generationen, die gar nicht mehr ohne ihr Smartphone sein können, nicht einen Moment des Tages, die Welt durch das Internet erfahren, überall sofort nach einem verfügbaren Netz suchen, längst die damit verbundene Durchsichtigkeit des Individuums als normal erachten, werden unseren Planeten bestimmen, auch wenn dies eigentlich beklemmend ist, ein Zurück wird es nicht geben, die Vorteile zu verlockend, es sein denn, ein Atomschlag zerstört diese Welt. Alle anderen leben in einer Nische. Abschirmfarben, Baldachine sind für eine winzige wohlhabende Minderheit.
So setzte ich auf die Wahl im Mikrokosmos, den Mut die eigene Welt so intensiv wie möglich frei und selbstbestimmt zu gestalten und den Dingen, welche nicht zu verändern sind, mit Haltung zu begegnen, die Furcht zu bannen und ihnen nicht die Möglichkeit zur Zerstörung meiner Seele zu geben. Ein mehrheitliches Umdenken in der Welt erhoffe ich nicht mehr. Diesen naiven Gedanken meiner Jugend habe ich längst begraben, spätestens seit der Coronaepisode und den augenblicklichen weltweiten Geschehnissen. Doch auch hier gilt, war es je besser oder war dies allein eine Illusion? Der Mut und die Kraft zum eigenen Denken sind gesellschaftlich unterentwickelt und der Drang, sich dem mehrheitlichen Konsens anzugliedern, noch immer ungebrochen.
Es lebe die Nische, die Kunst und die Leichtigkeit, sich ganz nach Pippi die eigene Welt zu gestalten. Nicht selten schwierig genug.
Danke Lilly für die vielfältigen Anregungen, das eigene Sein zu hinterfragen. Die Kunstauswahl in Deinen Artikeln für mich stets ein Trost und sei es nur, nicht darüber zu verzweifeln, so wenig im Großen verändern zu können, denn dieses Problem hatten die Menschen auch damals. In diesem Sinne hat sich wirklich noch nichts verändert.
Kriegswaffe Planet Erde von Rosalie Bertell fällt mir hierzu ein. Aber Vorsicht! Nichts für schwache Nerven.... Zudem kann ich die Doku "Das Leben der Amisch" auf 3sat/phoenik empfehlen zum Nachdenken, ich muss es selber noch viel mehr. Die verbieten in ihren Häusern einfach jegliche Technologie bis zum Smartphone und Internet ganz bewusst, nur am Arbeitsplatz ist es nutzbar, denn Sie sehen auch dass Sie wettbewerbsfähig sein müssen. Das wirkt beim Ansehen der Doku skurril und widersprüchlich, aber viele der Amisch Gemeinschaften haben weder bei Pandemie mitgemacht und sind im Durchschnitt deutlich gesünder als der Durchschnittsamerikaner. Auch Ärzte gibt es nicht bei Ihnen angeblich. Für größere Notoperationen legen Sie zusammen in der Gemeinschaft, aber rennen anscheinend nicht wegen jedem WehWehchen zum Arzt wie der Durchschnittskapitalist. Hochspannend, wie diese Gemeinschaften sich in der heutigen Zeit behaupten können....