Das faszinierende am Schreiben ist seine Echokammer: Ich schicke etwas in den Äther, mit dem, wenn ich Glück habe, die Menschen in Resonanz gehen, mit denen auch ich wiederum resoniere. Auf diese Weise jedenfalls durfte ich schon viele schöne Bekanntschaften via Mail, später vielleicht sogar im echten Leben schließen. Vielleicht passt es nicht immer, dafür aber immer öfter. Diese Erfahrung mache zumindest ich. Man «erkennt» sich. Sei es am geschriebenen Wort, an gemeinsamen Inhalten, am Klang der Stimme oder – und das ist für mich das Schönste – am gegenseitigen Verlorengehen in des anderen Augen. Es sind Gespräche, Umarmungen; Berührungen seelischer Natur, die mir das Gefühl vermitteln, noch auf einer anderen Ebene verstanden zu werden, als auf der meines Verstandes.
Eine Begegnung dieser Art hatte ich zuletzt mit Uli Fischer, wenn auch erst einmal nur via Zoom. Nachdem wir nun seit gut einem Jahr via Mail Kontakt hatten, kam mir der Gedanke, ihn für ein kurzes Interview für «Die Freien» anzufragen. Wusste ich zwar um seine Expertise auf dem Gebiet der kosmischen Naturphilosophie, konnte auch ich nicht ahnen, wie gut wir auch zwischenmenschlich harmonieren würden. Die Zeit verflog und es wuchs das Gefühl, im gemeinsamen Gespräch grundsätzlich keiner Grenzen mehr zu unterliegen. Ob persönliche Wahrnehmung und Theorie, Mikrokosmos oder Makrokosmos, oder Interplanetares und Zwischenmenschliches: Alles war eins und in allem fanden wir uns selbst wieder.
Wieso gestehen wir der Natur nicht dieselbe Subjekthaftigkeit zu, die wir uns selber zugestehen? Oder liegt der eigentliche «Fehler» darin, dass wir uns diese Subjekthaftigkeit nicht einmal selbst zugestehen? Was ist die «Innenseite» der Natur? Auch der unsrigen. Und was hindert uns daran, sie zu erkennen? Das Verkennen unseres eigenen Wesens? Haben wir die Schöpfung schlichtweg nicht verstanden? Wen oder was missverstehen wir hier grundsätzlich? Uns selbst, die Natur, Gott? Und was wäre notwendig, um diesen Graben zu schließen? Demut? Ein Bewusstseinswandel? Die Erleuchtung?
Wir für unseren Teil kamen zu dem Schluss, dass es mit einem «Bewusstseinswandel» im Kopf nicht getan sein wird. Zumal man bei diesem ohnehin nicht von einem «Bewusstseins-wandel» sprechen kann, sondern lediglich von einem «Umdenken». Nein. Solange wir ausschließlich im Denken bleiben; die Dinge nur rational zu verstehen versuchen, werden wir immer mehr Probleme kreieren als Lösungen. Der wahre Wandel, da waren wir beide uns mehr als einig, liegt im Gefühl. Es gehe darum, das eigene Ich-Erleben im Gefühl zu verankern, es zu integrieren. Erst in dieser «integralen Subjekthaftigkeit», in der alle Bewusstseinsschichten in uns zum Tragen kommen, könnten wir uns dem Leben wahrhaft öffnen. Solange wir die Dinge jedoch abspalten und verdrängen, projizieren wir unser eigenes Leiden auf die Welt. Erst in der Integration unseres Leidens seien wir dazu bereit, uns selbst in unserer Lebendigkeit anzuerkennen, um so zu dem Bewusstsein zu gelangen, dass es uns ermöglicht, auch die Welt wieder als Organismus wahrzunehmen.
ㅤ
ㅤ
Denn genau hier scheitert schlussendlich jedes Unterfangen von Umweltschutz, das nicht im Gefühl, sondern im Kopf verankert ist: Der Mensch unterwirft sich Regeln und Gesetzen, die er vielleicht versteht, die er aber nicht fühlt. Unfähig, die Individualität eines Raumes wahrzunehmen, fügt er der Natur Schaden zu, auch wenn er dies gar nicht so meint. Eben weil es ihm an Bewusstsein fehlt. Indem er sich in der Welt ausschließlich mit seinem Verstand fortzubewegen vermag, kann er wie nicht anders, als übergriffig zu sein. Er baut Staudämme, betreibt Braunkohleabbau, forstet auf eine Art und Weise auf, die mehr Leben unterdrückt als fördert. Ganz zu schweigen von den Kriegen, die wir führen, und mit denen wir geistig-seelische Schäden einem Ort zufügen, der von sich aus eigentlich eine andere Bestimmung hat.
Doch was will an einem Ort eigentlich sein? Also von der Schöpfung her. Und wie kommen wir in das Vertrauen, Natur nicht mehr planen zu wollen, sondern stattdessen in ein Reinspüren dahingehend, nicht mehr eingreifend, sondern ausschließlich dahingehend unterstützend zu wirken, was für sie – nicht für uns – der optimalste Zustand ist?
Während indigene Völker wie die Kogi-Indianer durchaus dazu in der Lage sind, diese Stufe an Wahrnehmung einzunehmen, steht uns in dieser Hinsicht leider noch einiges bevor (insofern wir diesen Weg überhaupt antreten wollen). Doch gleich dies bereits auf die weitreichende Frage nach der künftigen Bewusstseinsentwicklung «der Menschheit» abzielt, setzte an dieser Stelle vorerst mein eigentliches Interview mit Uli ein und damit auch seine Antwort auf meine Frage, wie er das heutige Verhältnis von Mensch und Natur beschreiben würde:
Uli Fischer: «Allgemein gesprochen kann man von einem manipulativ-machtförmigen Umgang des modernen Menschen mit der Natur sprechen. Er verhält sich übergriffig, kontrollierend, nutzend-vernutzend, grob und subtil destruktiv - und meistens ahnungslos oder ignorant in Bezug auf wirkliche Zusammenhänge, die er meint, nach Gutdünken umgestalten zu dürfen und zu können. Alles ist freigegeben zur großen Verbesserung - mit den fatalen Folgen von Machtausdehnung und Kontrolle bis in den letzten Winkel des Gestirns.
Wir können uns das verdeutlichen:
Beispiel Energieversorgung - alle derzeitig in Großanwendung befindlichen Energieversorgungen haben letztlich inakzeptable destruktive Komponenten.
Das sagt alles über unsere Zivilisation: Schon die Energie-Grundlage unserer Wirtschaftsweise im Hyperindustrialismus ist geistig und faktisch eine Herangehensweise mit Verwerfungen, Zerstörungen und Abhängigkeiten etc. Wir haben uns da völlig materialistisch verfitzt.
Du weist auf Schaubergers Arbeiten hin und auf seine Hinweise auf ein grundsätzlich anderes Energie-Prinzip, implosiv statt explosiv. Das kann man auch anders formulieren: Gewaltfrei im Einklang mit dem göttlichen Willen und der weltseelischen Gestaltgebung. Letztlich laufen alle Versuche in Sachen ‹freie Energie› darauf hinaus: Wie kommen wir in eine unmittelbare Verbindung - keineswegs nur ‹technisch› - zu den primordialen Energien des Gestirnes? Wenn wir uns sinnvoll, ehrfürchtig genug einfügten in diese Welt, dann hätten wir sicher keine Energie-Probleme, weil wir in noch zu bestimmender Weise an die unendliche Energie-Fülle der Gaia-Demeter Anschluss fänden. Wir wären auch in unserem Verbrauchsverhalten ganz anders motiviert. Mit natürlicher Selbstbegrenzung und einem guten Bezug zu Wiederverwertung und Besinnung auf die wesentlichen Dinge im Leben.
Beispiel Kriegführung - die in Kriegen stattfindende Naturzerstörung und -traumatisierung wird so gut wie nie thematisiert. Von der langjährigen Vergiftung von Böden und Zerstörung von Natur ist selten die Rede. Andererseits wissen wir um die Urmächtigkeit der Pflanzenwelt und ihre grandiose Fähigkeit zur Neugestaltung von zerstörten Flächen. Wenn man dazu Möglichkeiten betrachtet, die bspw. Sepp Holzer umgesetzt hat bei der Schaffung von Wasserreservoiren in unwirtlichen Gebieten, dann kann man nur staunen etc.
Das Militär gehört weltweit zu den größten Umweltsündern. Die Waffenproduktion ist großindustriell organisiert und so per se ein Akt der Destruktivität. Ein Grund mehr Militär zu begrenzen, abzubauen und konsequent auf Selbstverteidigung auszurichten, um es eines Tages dann vielleicht aufzulösen.
Das materialistische Weltbild, gestützt auf die mathematische Naturwissenschaft, lässt keinen Raum für wirkliche Wahrnehmung des Wesenhaften der Natur. Das Lebendige wird zu einem sekundären, abgeleiteten Phänomen erklärt. Lebewesen sind auf ihre äußere, materiell ermöglichte Gestalt und auf deren Nutzen reduziert. Viele Menschen sind von dieser Sicht- und Erlebensweise in irgendeiner Weise durchdrungen durch das Aufwachsen in unserer Gesellschaft. Und es ist mühevoll, sich von diesen Indoktrinationen zu den wirklichen Resonanzen durchzuarbeiten. Also auch zu unserer eigenen inneren Natur, die ja spiegelbildlich zur äußeren Natur steht.
Für den Einzelnen sieht das im persönlichen Lebensvollzug ‹anders› aus - da kann man Naturliebhaber und Pflanzenfreund sein. Da gibt es natürlich sehr viel praktisches Wissen und Können, weitergegeben von Generation zu Generation.
Wir leben im Großen und Ganzen also in einem schizophrenen Modus - Naturzerstörung als Geschäftsgrundlage der Moderne und Vorgartenpflege für das schöne Lebensgefühl.
Andererseits agieren wir auch in einem schöpferischen Miteinander:
Gartenbaukunst, echter biologischer Landbau, nachhaltige Forstwirtschaft, Renaturierungen, Landschaftsparks, aber auch Naturfotografie, Geomantie, echtes Miteinander in der Natur, Natur-Malerei, Natur-Lyrik etc. und auch die ganz persönliche Beziehungspflege zu Pflanzen und Tieren, Steinen etc. beim Spaziergang.
Wir Menschen haben in einem kulturellen Sinne noch keine konsequent integrierte mitschöpferische Rolle im Zusammenspiel mit der Natur und ihren Wesenheiten eingenommen. Die Natur braucht uns, wie wir die Natur brauchen. Der Mensch ist unabdingbares Wesensglied einer gelingenden seelischen Evolution auf einem Gestirn.
Es bedarf der umfassenden Revision des vorherrschenden Menschenbildes für eine verantwortungsbewusste Existenzweise - und der Vertiefung der Wahrnehmung der Natur.
Eine fundierte Grundlagenkritik haben u.a. Helmut Krause und Jochen Kirchhoff geleistet. Beide thematisieren das Mensch-Kosmos-Verhältnis, aus dem sich das Mensch-Natur-Verhältnis ableiten lässt.»
Eins steht fest: Solange der Mensch im Kopf ist, und dies auch bleiben will, wird er immer mehr dazu tendieren, als Grobian durch die Welt zu laufen, anstatt ihr als Nützling zu «dienen». Und gleich ich mir an dieser Stelle durchaus die Frage stelle, ob wir nur deshalb grob zur Natur sind, weil wir nie einen liebevollen Umgang mit uns selbst gefunden haben, wollte ich von Uli erst einmal wissen, wie er sich diese Abgespaltenheit des Menschen vom Naturzusammenhang erklärt?
UF: «Ich gehe davon aus, dass wir als seelische Wesen aus den Naturreichen hervorgehen. Schelling hat sinngemäß gesagt: In der Natur sehen wir unsere eigene Bewusstseinsentwicklungsgeschichte. Wenn wir diese Betrachtung gelten lassen, dann haben wir eine Möglichkeit, etwas in der Tiefe vom Mensch-Natur-Verhältnis zu verstehen.
Auf der Stufe des sich entwickelnden Menschen kommt es zu verschiedenen Phasen und Übergängen in der notwendigen Ich-Entwicklung. Man kann annehmen, dass beim Wechsel von der mythischen zur rationalen Bewusstseinsstufe ein widersprüchlicher Prozess durchlaufen wurde. Einerseits gelang es dem Ich, sich selbst relativ frei vom Naturzusammenhang zu entdecken und zu entwickeln, andererseits ging damit die Gefahr einher, dass es dabei ‹vergisst›, dass es selbst eingebettet bleibt in den großen Zusammenhang. Es fand eine Art Losreißen der Subjektivität statt, das natürlich nicht absolut ist. Aber zu einer Art Objekt-Subjekt-Verabsolutierung führte.
Die integrale Entwicklung des Bewusstseins ist notwendige Vorleistung echter ökologischer Integration. Die Natur kann nur aufatmen und sich weiter entfalten, wenn wir uns zu der Schöpfung wirklich dienenden Menschen entwickeln, es zumindest versuchen. Es gibt keinen anderen Weg aus meiner Sicht.»
Ulis und mein Gespräch führte uns von Kriegen zu Elementarwesen. Wie lange diese wohl brauchen, um zu heilen? Jahrhunderte von Traumaarbeit in der Natur, Generationen bei uns als Menschheit. Wir fragten uns: Können wir aktiv etwas zur Erdheilung beitragen, oder reicht es, wenn wir bloß keinen (zusätzlichen) Widerstand leisten? Wie lassen sich die bereits vorhandenen Kräfte am besten bündeln? Und überhaupt: Sind «wir» zu wenige? Wäre es je genug? Oder war es von Anfang an klar, dass wir es allein mit den Binnenkräften nicht schaffen können? Uli warf an dieser Stelle ein, dass helfende Hände durchaus existierten, und dass es aus kosmischer Sicht klar sei, dass ein Alleingang der Menschheit bereits nicht mehr möglich sei, dass aber trotzdem ein jeder Mensch seinen eigenen Weg gehen müsse. Und doch seien so große Gewichte zu stemmen, dass uns gar nichts anderes mehr übrig bliebe, als die uns gereichte Hand zu ergreifen. Nur wie? Und wie überhaupt können wir sie als solche erkennen? Wäre es möglich, dass unser Unvertrauen uns selbst gegenüber, unserem tiefsten und unserem höchsten Gegenüber schlussendlich nur ein weiterer Ausdruck unseres Misstrauens gegenüber der Schöpfung selbst ist? Ist unser Widerstand gegenüber unserer tiefsten inneren Natur nicht bloß ein weiterer Ausdruck unserer Verantwortungslosigkeit dem Kosmos gegenüber? Werden wir uns ihm gegenüber in eine Form von Beziehung und Verbindlichkeit begeben können, dessen Forderung an Fühlen wir auch gewachsen sind? Oder haben wir zu viel Angst davor, dass dieses feinste, subtile Ich, das wir sind, nicht dazu in der Lage wäre, mit dieser Welt zurechtzukommen? Und wenn dem so wäre – das war dementsprechend meine Frage an Uli – lässt sich dann noch von kosmischem Schicksal sprechen?
UF: «Prinzipiell gehen wir ja von einem selbst geschaffenen Schicksal aus. Wenn wir uns unbewusst gegen ein Mitschöpfertum entscheiden, dann ist ein Bewusstseinsregress die logische Folge. Wenn uns ein Einsehen in Sinn und Mitwirkungsmöglichkeit respektive -pflicht im schöpferischen Plan der Erde gelingt, dann entwickeln wir transformatorische Kraft.
Anderseits ist es so, dass wir - wenn wir von einem lebendigen kosmischen Zusammenhang bspw. im Sonnensystem und in unserer Galaxis - ausgehen, in einem Beeinflussungsgeflecht agieren, dass wir noch nicht durchschauen (können).
Die gegenwärtigen Entwicklungen sind nur zu verstehen, wenn wir die Fragwürdigkeit eines die Innenwelt des Menschen und die metaphysischen Grundlagen des Lebens allgemein verneinenden Denkens und Handelns (bzw. der allgemein gelebten Schizophrenie zwischen persönlichen Glaubensüberzeugungen und gelebter Praxis) erkennen und die Alternative thematisieren.
Die Frage der kosmischen Schicksalsverflechtung kommt auf rudimentärste Art und Weise zum Ausdruck, wenn die Mainstream-Wissenschaft kundtut, dass das irdische Klima wahrscheinlich doch durch die Rhythmen der Sonnenaktivität mitbeeinflusst wird und eben nicht aus sich heraus allein besteht. Wenn das so ist, wir können von interplanetaren Zusammenhängen ausgehen, dann ist die Annahme weitergehender Beeinflussung schon auf dieser Ebene legitim und liegt auf der Hand.»
Nun können wir projizieren und sagen, der Mensch habe ein Subjekt-Objekt Verhältnis zum Kosmos entwickelt. Aber befinden wir uns nicht selbst in einem Objekt-Verhältnis mit uns selbst und meinen, uns selber rumschubsen zu können? Wie sollen wir je die Magie des Kosmos wahrnehmen können, wenn wir gleichzeitig unser feinstes Ich übersehen und uns für etwas anderes halten als das? Wir vertauschen Fühlen und unser Bild von Wirklichkeit permanent. «Was ist die wirklichste Wirklichkeit?», fragt Uli mich und meint, es sei das wichtigste, diese Frage wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Es sei an uns, den göttlichen Funken, den wir ab und spüren, wieder lernen zu bejahen. Denn, und da hat er ganz recht: Wenn wir es im Kleinen nicht schaffen, wie sollen wir es dann auf großer Ebene bewältigen?
Insofern es aktuell jedoch so ausschaut, als ob wir, oder zumindest große Teile der Menschheit (und damit eigentlich auch gleich wieder «wir alle»), unsere eigene Aufgabe innerhalb der Schöpfung dadurch verfehlten, dass wir die Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln, Wahrnehmen und Fühlen nicht fähig sind zu überbrücken, spricht Uli zunehmend davon, dass die Aufgabe eines jeden Menschen hinsichtlich seines persönlichen Leidensdruckes darin bestünde, für diesen eine Sensibilität zu entwickeln sowie sich und uns (gegenseitig) zu respektieren in seinem Leiden, in unserem Gesehenwerden und unseren Bedürfnissen. Uli, daran konnte ich mich erinnern, schreibt diesbezüglich auf seinem Blog von einer Art «schöpfungsnotwendigem Denken». Ich frage ihn, wie dies für ihn aussähe?
UF: «Wenn wir uns Sinn und Zweck der Schöpfung annähern, dann wird sich auch unser Denken und Handeln schöpferisch entwickeln. Schöpfungsgemäßes Denken ist ein permanter Lernprozess. Wir können der höheren Intelligenz des Weltprozesses zuarbeiten im Rahmen unserer Talente und Erkenntnismöglichkeiten und unsere mitgegebenen Wirkungsmöglichkeiten ergreifen.
Dazu müssen wir bereit sein, uns in den Gesamtzusammenhang bewusst einzuordnen. Dies ist eine Herausforderung für das Ich mit seinen egoistischen Tendenzen - in einem gesellschaftlichen Umfeld, das nur wenige Äußerungen schöpferischer Art in den Richtungsentscheidungen zulässt.
Es unsere Aufgabe, dem Sinn der Schöpfung auf die Spur zu kommen und unsere Lebenspraxis konsequent und lebensklug darauf auszurichten.»
Vielleicht hilft es, die Schöpfung von ihrem Ende her zu denken. Denn worum geht es schlussendlich? Den Urgrund? Sei es kosmisch wie in unserer Kindheit? Oder geht es schlussendlich darum, im Hier und Jetzt in eine Liebe, in eine Ganzheit zu kommen? Insofern es die Aufgabe eines jeden Menschen sein sollte, seinen Platz in der Schöpfung einnehmen und in dieser sich selbst ordnen, kommen wir nicht drum herum, bestimmte Marker in uns wie in der Welt kenntlich zu machen. Schließlich sei alles, so Uli, was wir hinter den Erwartungen von anderen in uns selbst zurückhalten, unerschöpftes Potenzial, das letztlich uns allen schade.
Doch was ist «der richtige Ort»? Für uns, in uns selbst wie in der Welt? Und wie finden wir ihn? Wann schälte sich unser Ich aus dem mythischen Bewusstsein heraus? Wann lernte es, sich abzugrenzen? Was bedeutet Ich-Werdung in einer Welt der Ichlosigkeit? Gelingt es, durch diese Fokussierung auf das Ich, zu sich selbst zu kommen, ohne sich abzuspalten? Oder ist ab einem gewissen Punkt der Abspaltung diese absolut und damit irreversibel?
An dieser Stelle wendet Uli ein, alles sei ein großer Lernprozess, in dem jede Bewusstseinserweiterung uns an unsere eigenen Anteile erinnert. Dieser müssten wir uns ihrer zumindest bewusst werden –, bevor wir uns der Welt zu «widmen» versuchen. Alles andere wäre insofern narzisstisch und manipulativ, als dass es nur darauf hinausliefe, dass wir uns nur selbst heilen wollten an ihr.
ㅤ
ㅤ
Doch hier sind wir wieder bei unserem Dasein als Grobiane: Wie lernen wir, gewaltfrei mit der Natur zu wirken? Solange wir nicht verstanden haben, wer die Natur ist, sondern fortlaufend unsere Projektionen als ihr Sein manifestieren, werden wir zu Ersatzleistungen neigen, die uns noch tiefer in dieses Missverstehen und diese Abspaltung hineinführen. Dabei sollte unser tiefstes Inneres in seiner Lebendigkeit unseren Zugangspunkt zur Welt darstellen. Diese Welt in ihrer Fülle spiegelt sich in uns selbst – wenn wir das zulassen. Solange wir jedoch die Lebendigkeit in uns abspalten, bleiben wir blind für die Lebendigkeit dieser Erde.
Dass Uli und ich uns auch an dieser Stelle einig waren, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Viel wichtiger ist seine Antwort auf meine letzte Frage: Worin besteht für dich der Weg, des Menschen Augen wieder für die Fülle der Schöpfung zu öffnen?
UF: «Am besten fange ich damit bei mir selbst an, da gibt es genug zu tun im Sinne der Erweiterungen des eigenen Gesichtskreises.
Wir können uns denkerisch, wahrnehmend und meditativ immer wieder dieser Fülle bewusst werden. Sie ist. Offensichtlich und verborgen. Offenbar oder vermutlich ohne unser unmittelbares Dazutun, zumindest sind wir uns nicht dessen bewusst. Und dann sind wir natürlich aufgefordert, die Wahrnehmung der Fülle, der Vielfalt aktiv zu betreiben, jeder in seinem Modus. Das stößt dann auch auf innere Widerstände, Traumen etc., die es heilend zu überwinden gilt. Oft ein schwieriger Prozess.
Für mich ging es auf meinem Weg dabei durch Zeichnen und Malen, Musizieren, Gedichte schreiben, Meditieren etc. darum, selbstheilend empfänglicher zu werden für schöpferische Impulse - mit unterschiedlichem Erfolg.
Ich vertrete eine transzendentale Naturphilosophie, die den Menschen auf dem Weg sieht zu einem umfassend mitschöpferisch tätigen Wesen, dessen Ziel die Erreichung der höchsten spirituellen Verwirklichung ist, wie es bspw. Buddha Shakyamuni angledeutet hat. Dieser Weg ist ein Heilungsweg auch für die Natur, weil sie uns „folgt“ und uns trägt.
Wir brauchen das Lebensgefühl natürlicher Fülle. Das geht einerseits mit Selbstbescheidung, die die ursprüngliche Fülle wieder erkennbar werden lässt und andererseits mit Unvoreingenommenheit den Chancen und Möglichkeiten des Lebens gegenüber. Daran arbeite ich, manchmal erfolgreich, manchmal weniger. habe ich noch nicht genau bestimmen können; von der Bestimmung und der Erfüllung meiner Lebensaufgabe hängt sicher auch das Gefühl der natürlichen Fülle ab. Und dieses Gefühl ist wichtig und will gepflegt werden.»
Lieber Uli, ich danke Dir für das Gespräch und dein liebevolles Wirken. Und wie du richtig sagst: «Nehmen wir die vergangenen vier Jahre als Erinnerung an das, was wir eigentlich wollen und als Aufforderung, das zu realisieren.»
Uli Fischer beschäftigt sich mit Musik, Literatur und transzendentaler Naturphilosophie, komponiert und singt eigene Lieder. Seine Essays erscheinen u.a. bei Manova. ulifischer.de
Dieses Interview erschien zuerst in gekürzter Form beim Schweizer Magazin «Die Freien».
ㅤ
Liebe Lilly, vielen Dank für diesen wunderbaren Text mit dessen Inhalt ich so sehr resoniere!
Über einen Satz bin ich gestolpert: "Also auch zu unserer eigenen inneren Natur, die ja spiegelbildlich zur äußeren Natur steht."
Schon als Kind habe ich mich immer gefragt, ob all das, was nicht von mir in jenem Moment gesehen werden konnte, dann überhaupt existiere....ob die ganze Welt ausserhalb von mir, all die Begegnungen mit Menschen und der Natur, aber auch der Technik, immer erst in dem Moment er-schaffen werde, wenn ich sie sehe....damals wusste ich noch nichts von Quantenphysik!
Mit den Jahren, ausgefüllt mit Erfahrungen sammeln und v.a. "Wissen" indokriniert zu bekommen, sei es durch Schule, Studium, Erziehung und Medien oder auch durch Erzählungen anderer Menschen über ihre Sicht der Welt, wurde ich gezwungen mein Fühlen durch Ratio zu ersetzen und mich gewissermassen von mir selbst abzuspalten, Intuition, Hinfühlung, Wahrnehmung zu unterdrücken.
Mich also immer weiter von mir selbst zu entfernen, was letzlich in einer tiefen Depression endete.
Auf dem Weg zurück zu mir selbst, auf dem ich all die vermeintlich verloren gegangenen (vllt. auch gestohlenen???) Emotionen wieder einsammelte und mir immer mehr zutraute, mein Gefühl und damit mein Inneres fühlend zu erkunden - das ist nicht nur psychisch gemeint, sondern tatsächlich auch ganz körperlich (mich in meinem Leib fühlend zu erkunden, im Sein zu sein) - erkannte ich zunehmend oder liess ich immer weiter die Erinnerung zu, dass die Intuition meiner Kindheit nicht wirklich falsch ist: wir alle zusammen kreieren die äussere Natur auf eine gewisse Weise mit, deshalb ist für mich das Äussere der Spiegel oder die Antwort unseres inneren Erlebens und nicht umgekehrt.
Je mehr mir das bewusst wird, umso demütiger, wahrhaftiger und achtsamer gehe ich mit mir selber um.. Ich bin nicht nur Teil der Schöpfung, sondern auch aktiv an ihr beteiligt - nicht aus dem Ego-Denken, sondern aus der Wahrnehmung dessen, was mir die fühlende Er-Innerung zeigt. Es ist ein anderes Wissen als das, was uns eingetrichtert wurde.
Aus diesem Selbst-Bewusstsein heraus auf die Natur und die Mit-Menschen zu schauen - neutral, urteilsfrei - heisst, Schöpfung geschehen zu lassen, im Fluss des Lebens zu sein, Bewegung zu ermöglichen....