«Bewusstsein ist die einzige Realität»
Die Welt kann sich nicht verändern, bevor wir nicht unser Bild von der Welt verändern.
«Um die Zukunft zu ändern, müssen wir uns lediglich mit zwei Welten der unendlichen Folge beschäftigen: mit der Welt, die wir durch unsere körperlichen Organe kennen, und mit der Welt, die wir unabhängig von unseren körperlichen Organe wahrnehmen.» — Neville Goddard
Folgender Text geht meinem letzten voraus. Las ich im Zuge meines Wunsches nach Bewusstwerdung und Integration, aber auch nach Authentizität und wahrem Halt in mir selbst, doch vor kurzem erst das Buch «Bewusstsein ist die einzige Realität», das Lebenswerk von Neville Goddard1. Ein Buch, das meine verkopfte Hälfte in seinem Umfang von 600 Seiten auf gut ein Drittel eingedampft hätte. Dem ich durch mein aktuelles Bestreben, eben diese Hälfte meines Daseins dadurch in ihr natürliches Gleichgewicht zurückzubringen, dass ich mich gezielt darin übe, «zweckfrei» auf Bücher, Themen oder generell «das Leben» zuzugehen; mich vielmehr auf sie einzulassen, anstatt ihnen wie gewohnt meinen Optimierungs-, Reduktions-, oder Beschleunigungsdrang aufzuerlegen, eben auf diese Weise anders begegnen konnte.
Und siehe da: Trotz – oder vielleicht gerade wegen – seiner Redundanz war dieses Buch für mich wie eine Art «Gedankentherapie». Seine Lektüre glich einem permanenten mir Gewahrwerden dessen, welch’ Dimensionen und welchen Raum mein Denken angenommen hat – und tagtäglich einnimmt –, und wie sich das, was ich mir durch mein Denken erhoffe zu erdenken, auf ein Minimum an Gedanken reduzieren ließe, wäre der Nährboden, dem sie entsprängen, kein verstandeslastiger mehr, sondern ein gefühlsbasierter. Die Qualität, die sich aus diesem Wechsel in der Grunddimension meines Seins ergeben würde – so das Bild, das ich mir aktuell innerlich ausmale – wäre eine um ein Vielfaches leichtere. Sie würde bedeuten, nicht jede Wahrnehmung meinerseits mit der Schwere meiner Gedanken belegen zu müssen, sondern vielmehr im Vertrauen dahingehend bleiben zu können, dass mein erster Impuls, oder – in zweiter Instanz – mein Bauchgefühl schon richtig liegen wird.
Hierin besteht für mich derzeit die größte Schwelle. Auf der einen Seite «weiß» ich um meine ausgeprägte Intuition und meine Menschenkenntnis; auf der anderen Seite jedoch bin ich mir dessen auch gewahr, in vielen Momenten, wo diese gefragt wären, nicht auf sie zu hören. In den meisten Fällen handle ich also – auch wenn ich es in dem Sinne «besser wissen» könnte – solange gegen mein eigenes Bauchgefühl an, bis A) mir jemand im Außen dieses bestätigt, B) die Wirklichkeit so evident wird, dass ich für ihre Anerkennung auch kein Bauchgefühl mehr brauche, oder C) mein eigener Leidensdruck zu groß wird.
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Ohne an dieser Stelle ein großes Fass hinsichtlich meines eigenen Selbstwerts aufmachen zu wollen, möchte ich auf das Stichwort Vertrauen zu sprechen kommen. Und zwar nicht das Vertrauen in meinen Verstand. Dass dieser funktioniert, weiß ich. Worum es mir geht, ist das Vertrauen in mein eigenes Gefühl. Denn wie ich bereits in meinem letzten Text schrieb, wirkt sich dessen Mangel in meinem System aktuell wie folgt aus: Wann immer ich gefühlstechnisch fremdes, oder auch angstbehaftetes Terrain betrete, schaltet sich mein Verstand ein und hindert mich daran, dieses Gefühl überhaupt erst einmal zu fühlen. Ich habe also wie keine freie Wahl. Die Entscheidung, nicht zu fühlen, wird mir bereits abgenommen, ehe ich selbst verstanden habe, dass es vor dem Verstehen noch eine andere Ebene gegeben hätte. Das Fühlen.
So frage ich mich aktuell: Wie kann ich diesen Automatismus durchbrechen und anfangen, erst wahrzunehmen, was ich fühle, ehe ich es mit meinem Verstand beginne zu kategorisieren, zu bewerten oder gar zu verurteilen? Eine Lebensaufgabe stelle ich fest: Von Herzchakrameditationen, Körper- und Traumaarbeit bis hin zu stundenlangen Atemübungen – theoretisch führen viele Wege ins Gefühl. Nur ist – Stand jetzt – meiner nach wie vor eben genau dieser: der Schriftliche. Mag es am Medium Text als solchem oder mir als Schreiberin liegen, aber mich selbst erreiche ich am ehesten über das geschriebene Wort. Nicht nur intellektuell, sondern auch emotional. Vielleicht weil ich mein Lesen am ehesten das Gefühl habe, allein meiner Auffassungsgabe zu unterliegen. Oder weil Text, ob ich ihn nun schreibe oder lese, schlussendlich doch eine andere Klangfähigkeit besitzt – eben meine eigene.
ㅤUnsere Gedanken erschaffen die Welt, die uns umgibt
Wer ich bin, entscheidet darüber, auf welchem Wege ich die Welt wahrnehme. Aber wenn ich ändern will, wie ich die Welt wahrnehme, muss ich dann ändern, wer ich bin? Ein Satz aus dem Buch von Goddard, der mich hinsichtlich dieser teilweise doch sehr tiefgehenden Zweifel an mir als Person beschäftigt hat, war der folgende:
«Im Bewusstseinszustand des Einzelnen befindet sich die Erklärung für die Phänomene des Lebens. Wäre das Selbstbild des Menschen anders, so wäre alles in seiner Welt anders. Sein Selbstbild, so wie es ist, bedeutet, dass alles in seiner Welt sein muss, wie es ist.»
Bevor wir also eine Veränderung im Außen anstreben, so Goddard, müssen wir unser Bewusstsein verändern. Indem unsere Gedanken aus diesem nämlich ihre Wurzeln zögen, könnten wir solange keine neuen entwickeln, wie wir auch keine neuen Ideen hervorbrächten. Und indem wir uns wünschten, anders zu sein, als wir derzeit sind, könnten wir ein Ideal der Person kreieren, die wir sein wollen und annehmen, dass wir bereits diese Person sind. Für Goddard ist es das, was Ganzheit, was Integrität bedeutet: «Es bedeutet, das gesamte Selbst dem Gefühl des bereits erfüllten Wunsches zu unterwerfen, in Gewissheit, dass der neue Bewusstseinszustand die Erneuerung des Geistes ist, welche transformiert. Jenseits des Selbst gibt es keine Ordnung in der Natur, die über diese willentliche Unterwerfung des Selbst unter das Ideal hinausgeht.»
Alles hänge von unserer Haltung gegenüber uns selbst ab. Das, was wir nicht als wahr über uns selbst bekräftigen, könne niemals durch uns verwirklicht werden. Sei es doch unsere innere Haltung allein, mit der wir als notwendige Bedingung unser Ziel erreichen. Es läge an uns, das Gefühl der Erfüllung unseres Wunsches anzunehmen, bis wir von ihm in Besitz genommen werden, und dieses Gefühl alle anderen Ideen aus unserem Bewusstsein drängt. Das Einzige, was uns hierbei limitiere, so betont Goddard immer wieder, sei «eine unkontrollierte Vorstellungskraft und ein Mangel an Aufmerksamkeit auf das Gefühl des bereits erfüllten Wunsches».
«Das Leben ist nicht wertend und zerstört nichts; es hält das am Leben,
worüber der Mensch sich zu sein bewusst ist. Dinge werden nur verschwinden,
wenn der Mensch sein Bewusstsein ändert.»
Während Vorstellungskraft für ihn die Fähigkeit bedeutet, «das Gefühl eines großartigen Lebens anzunehmen, ein neues Selbstbild anzunehmen» und insofern des Menschen Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Schöpfung symbolisiert, als dass nur er das Instrument besäße Welt entstehen und vergehen, oder – für uns interessanter – unser Leben durch das Selbstbild, welches wir aufrechterhalten, zu erleuchten oder zu verdunkeln, ist Aufmerksamkeit für ihn ein innerer Aufwand, eine Überzeugung. An dem Tag, an dem wir die Kontrolle über die Bewegung unserer Aufmerksamkeit in der subjektiven Welt erlangen, seien wir die Meister unseres Schicksals. Das Geheimnis läge hierbei im Fokussieren unserer Aufmerksamkeit auf das Gefühl des bereits erfüllten Wunsches – ohne jegliche Ablenkung. Jeglicher Fortschritt sei schließlich abhängig von der Erhöhung unserer Aufmerksamkeit.
Auf die Konsequenzen einer Fokussierung unserer Aufmerksamkeit auf unser Selbstbild und «das Bild des dimensional Größeren in uns», also das, was hinsichtlich einer Bewusstseinserweiterung wirklich zählt, möchte ich im Folgenden ausführlich eingehen. Während es in diesem Text also primär um die Annahme von Gefühlen und (Bewusst-)Seinszuständen gehen soll, wird der am Dienstag anschließende Text vom Spiegel, der wir selbst sind, vom Gesetz der Anziehung, vom Loslassen unserer Identität, als auch dem finalen Schritt der Selbsttransformation handeln. In der Hoffnung, diese Art der Synthetisierung stößt bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, auf Anklang, möchte ich an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass sich mein Schreiben nicht allein durch meinen Wunsch zu schreiben trägt, sondern obendrein auch ihrer Unterstützung bedarf. Falls Sie mich also auch finanziell unterstützen möchten und können, dürfen Sie dies gerne tun.
Die Welt als Spiegel unseres Bewusstseins
«Diese Welt», so Goddard, «wird hervorgebracht durch die Macht von Annahmen.» Jede Annahme, jeder Zustand, den wir eingenommen haben, habe sich in der Außenwelt manifestiert. Und das, was wir heute für wahr empfinden, sei das, was wir in dieser Welt erleben. Die Welt sei schließlich nichts anderes als ein Spiegel, welcher für alle Ewigkeit unser Bewusstsein spiegelt. Entsprechend sei der einzige Weg, das, was wir in unserem Leben ausdrücken, zu ändern, unser Bewusstsein zu ändern. Dieses sei schließlich die einzige Realität, welche sich auf ewig in unserer Außenwelt verfestigt. Oder wie Goddard schreibt:
«Die Welt des Menschen – bis ins kleinste Detail – ist sein ausgedrücktes Bewusstsein. Der Versuch, Ihr Umfeld oder Ihre Welt durch Zerstörung oder Gewalt zu verändern, ist so fruchtlos, wie der Versuch, das Gespiegelte zu verändern, indem Sie den Spiegel zerstören. Ihr Umfeld, und alles, was dazugehört, spiegelt das, was Sie in Ihrem Bewusstsein sind. Solange Sie dies in Ihrem Bewusstsein bleiben, werden Sie weiterhin das in Ihrer Welt ausdrücken, was Sie jetzt vorfinden.»
Und weiter:
«Versuchen Sie nicht, die Welt zu ändern, denn sie ist nur ein Spiegel. Des Menschen Versuch, die Welt durch Zwang zu ändern, ist genauso nutzlos wie das Zerstören eines Spiegels, in der Hoffnung, es würde sein Gesicht verändern. Lassen sie den Spiegel in Ruhe und verändern Sie Ihr Gesicht. Lassen Sie die Welt in Ruhe und verändern Sie ihre Überzeugungen von Ihnen selbst. Die daraus resultierende Reflexion wird zufriedenstellend sein.»
Für Goddard steht fest: Auch mit größter Willensanstrengung können wir nichts nach außen zwingen. Vielmehr gäbe es nur einen Weg, die Dinge zu befehlen, die wir wollen. Und zwar indem wir das Bewusstsein des von uns Erwünschten annehmen. Auch er betont an dieser Stelle den «riesigen Unterschied zwischen dem Fühlen einer Sache und dem intellektuellen Wissen darüber». Es sei an uns, vorbehaltlos zu akzeptieren, «dass durch das Besitzen (Fühlen) einer Sache im Bewusstsein, die Realität angeordnet wurde, die sie in konkreter Form ins Leben ruft.» Oder anders gesagt: Erst wenn wir absolut überzeugt davon sind, dass eine ununterbrochene Verbindung zwischen der unsichtbaren Realität und seiner sichtbaren Manifestation besteht, könne unsere innere Akzeptanz zu jener intensiven und unveränderbaren Überzeugung werden, die sowohl Vernunft als auch Intellekt übersteigt und entsprechend jeden Glauben an eine äußere Realität verwirft und stattdessen im Spiegel eines inneren Bewusstseinszustandes das wirkliche Verstehen und Glauben der Dinge ermöglicht, aus dem heraus wir eine so tiefe Gewissheit aufzubauen vermögen, aus der heraus uns nichts mehr erschüttern kann.
Das, was wir also fühlen und über uns selbst für wahr halten, projizieren wir in den Raum, der gleichzusetzen ist mit unserer Welt. Diese Welt als mein gespiegeltes Selbst legt also für immer Zeugnis ab von jenem Bewusstseinszustand, in dem ich lebe. Oder mit den Worten Goddards: «Ihre Überzeugungen, Ihre fixierten Haltungen des Geistes, modifizieren immer Ihr Bewusstsein, denn es wird auf dem Spiegel Ihres Verstandes reflektiert. Ihr Bewusstsein, modifiziert durch Ihre Überzeugungen, objektiviert sich selbst in Form der Umstände in Ihrer Welt. Um Ihre Welt zu verändern, müssen Sie zuerst Ihr Bild von der Welt verändern. Um einen Menschen zu verändern, müssen Sie zuerst Ihr Bild von dem Menschen verändern. Sie müssen zuerst glauben, dass er der Mensch ist, von dem Sie wollen, dass er es ist, indem Sie mental zu ihm sprechen, als wäre er es bereits. Jeder Mensch ist sensibel genug, um Ihre Überzeugungen von jenen Menschen zu reproduzieren. Wenn Ihr Wort also nicht sichtbar durch ihn reproduziert wird, dann ist die Ursache in Ihnen zu finden, nicht in der Person. Sobald Sie an die Wahrheit des bekräftigten Zustands glauben, werden Ergebnisse folgen. Jeder kann transformiert werden; jeder Gedanke kann übertragen werden; jeder Gedanke kann sichtbar verkörpert werden.»
Das Manifestieren von Ideen
Menschen, so Goddard, glaubten «an die [unumstößliche] Realität der externen Welt, weil sie nicht wissen, wie sie ihre Macht fokussieren und komprimieren können, um die dünne Kruste der externen Welt zu durchdringen». Der Gedanke wiederum, der dem Spiegeln unseres Innenlebens in der uns umgebenen Welt nun zugrunde liegt, ist der der Manifestation, oder – darauf komme ich im nächsten Text zu sprechen – das Prinzip der Anziehung. Denn gleich es auch im Sinne Goddards war, lediglich den «Schleier der Sinne» zu entfernen, der die Reise in eine andere Welt verhindere, verschwinde auch die objektive Welt in dem Moment, wo wir unsere Aufmerksamkeit von ihr abzögen.
Als Menschen können wir, eben aufgrund der Kraft unserer Vorstellung, Dinge beschließen, die daraufhin geschehen werden. Folglich sei nie zuvor etwas in der Welt des Menschen aufgetaucht, was er nicht vorher beschlossen hat. Stattdessen gilt: Was wir heute beschließen, wird morgen geschehen. Und was wir heute aus unserem Bewusstsein streichen, wird auch morgen in unserer Außenwelt verschwinden. Was dennoch bleibt, obwohl wir es nicht wollen, ist meist nur eine Bestätigung unserer Zweifel und Ängste. Diesen wiederum entledigen wir uns nicht durch Tagträumereien. Der Beschluss gegen sie wird immer im Bewusstsein getroffen. Dadurch, dass wir bereits annehmen, das zu sein, was wir sein möchten. Das, so Goddard, ist kein Verzicht, keine Askese. Alles, was unser Bewusstsein von uns verlangt, ist, unser Verlangen zu akzeptieren. In dem Moment, wo wir es wagen, es anzunehmen, werden wir es ausdrücken.
Entscheidend sei hierbei die energetische Ausrichtung der Annahme: Indem wir etwas annehmen, gewinnen wir, was wir durch Zwang nie erreichen könnten. Als bestimmte Bewegung unseres Bewusstseins übt die Annahme, wie alle Bewegungen, einen Einfluss auf die sie umgebenden Substanzen aus, und veranlasst diese dazu, die Form der Annahme anzunehmen und diese zu reflektieren. Eine Veränderung des Schicksals sei folglich nichts weiter als eine Veränderung in der Anordnung derselben Substanz durch unsere Neuausrichtung unseres Bewusstseins.
«Bewusstsein geht jeder Manifestation voraus, und es ist die Stütze, auf welcher jede Manifestation ruht. Um eine Manifestation zu entfernen, müssen Sie nur Ihre Aufmerksamkeit von dieser abziehen.»
Die größte Annahme, derer wir als Menschen unterliegen, schreibt Goddard, ist die Annahme, Mensch zu sein: «[B]evor Sie sich darüber bewusst sind, Mensch zu sein, sind Sie sich darüber bewusst, zu sein. Erst danach werden Sie sich darüber bewusst, Mensch zu sein. Und dennoch bleiben Sie der Konzipierende, welcher größer ist als das Konzept – der Mensch. Die Macht, anzunehmen, und das Angenommene sind eins, aber die Macht, anzunehmen, ist größer als das Angenommene… Die Macht, anzunehmen, Mensch zu sein, ist größer als die Annahme selbst. Alle Annahmen sind Limitierungen des Konzipierenden, des Annehmenden.» Um aufzuhören, den Limitierungen unserer Konzeption von Menschsein zu unterliegen, sei es an uns, aufzuhören, nach etwas außerhalb unserer selbst zu suchen. Solange wir aber an einen Gott außerhalb unserer selbst glauben, werden wir die Macht, Dinge (aus uns selbst heraus) ins Leben zu rufen, abgeben. Wir vergessen, dass wir selbst der Konzipierende – und folglich auch Verantwortliche – unseres Bewusstseins sind.
Das Wesen unseres Unterbewusstseins
Eine Veränderung des Eindrucks resultiert in einer Veränderung des Ausdrucks.
Der Grund dafür, warum wir an der Verwirklichung unserer Träume scheitern, oder auch nicht, liegt für Goddard in unserem Versuch, diese dauerhaft konditionieren zu wollen. Er schreibt: «Konditionieren Sie Ihr Verlangen nicht. Nehmen Sie es so an, wie es zu Ihnen kommt. Danken Sie, bis Sie sich dankbar dafür fühlen, dass es bereits erfüllt ist, dann gehen Sie Ihren Weg in Frieden.» Die Ursache dafür, dass Menschen ihr Verlangen konditionieren, sieht er darin, «dass sie immer von dem ausgehen, was sie gerade in Ihrer Welt erfahren und dies als Realität betrachten». Dabei würden sie jedoch vergessen, «dass die einzige Realität ihr Bewusstsein über jene Dinge ist, welche sich in ihrer Welt ausdrücken». Und insofern wiederum das Leben selbst weder wertend noch zerstörend sei, sondern vielmehr alle Dinge am Leben ließe, welche im Bewusstsein sind, würden wiederum auch nur die Dinge aus seinem Leben verschwinden, die auch aus dem Bewusstsein des Menschen verschwunden sind. Ein Umwandlungsprozess, den Goddard wie folgt beschreibt:
«Der bewusste Verstand bringt Prämissen hervor. Der subjektive Verstand entfaltet diese Prämissen zu ihrem logischen Ende. Wäre der subjektive Verstand nicht so limitiert in seiner Initiativkraft des Begründens, könnte der objektive Mensch für sein Verhalten in der Welt nicht verantwortlich gemacht werden. Der Mensch übermittelt durch Gefühle Ideen an sein Unterbewusstsein. Ihre unausgedrückten Überzeugungen, die Sie über andere haben, werden ohne deren bewusstes Wissen und ohne deren Einwilligung übermittelt. Wenn diese Überzeugungen von den anderen unbewusst akzeptiert werden, werden sie deren Verhalten beeinflussen.
Die einzigen Ideen, die die anderen unterbewusst zurückweisen, sind jene Ideen, die Sie von den anderen haben, die anderen sich dies jedoch für niemanden als wahr wünschen könnten. Was immer andere sich für wiederum andere wünschen könnten, kann auch von ihnen geglaubt werden, und, durch das Gesetz des Glaubens, welchem die subjektive Begründung unterliegt, sind sie gezwungen, jene Dinge subjektiv zu akzeptieren, wodurch sie sich dann objektiv ausdrücken.
Der subjektive Verstand untersteht der vollständigen Kontrolle von Suggestionen. Ideen werden dann am besten suggeriert, wenn der objektive Verstand teilweise subjektiv ist, also wenn die objektiven Sinne vermindert, oder in der Schwebe gehalten werden. Dieser teilweise subjektive Zustand kann am besten als kontrollierte Träumerei beschrieben werden, in welcher der Verstand zwar passiv, aber dennoch aufnahmefähig ist. Es ist eine konzentrierte Aufmerksamkeit. Wenn Sie beten, darf es in Ihrem Verstand keinen Konflikt geben. Wenden Sie sich von dem, was ist, zu dem, was sein soll. Nehmen Sie die Stimmung des erfüllten Wunsches an, und Sie werden Ihren Wunsch durch das universelle Gesetz der Umkehrbarkeit verwirklichen.»
Folglich verneine der imaginative Mensch die Realität der sinnlichen Außenwelt des Werdens nicht. Er wisse jedoch, «dass die innere Welt der kontinuierlichen Vorstellungskraft jene Kraft ist, durch welche die äußere Welt des Werdens herbeigeführt wird». Er betrachtet, so Goddard, «die Außenwelt und all ihre Geschehnisse als Projektionen der Innenwelt der Vorstellungskraft. Für ihn ist alles eine Manifestation der mentalen Aktivität, welche in der menschlichen Vorstellungskraft vor sich geht, ohne dass der sinnliche, vernünftige Mensch sich darüber bewusst ist. Er versteht, dass jeder Mensch sich seiner inneren Aktivität bewusst werden muss, und sieht die Beziehung zwischen der ursächlichen Innenwelt der Vorstellungskraft und der sinnlichen Außenwelt der Wirkungen.»
Das Unterbewusste sei hierbei «der universelle Antrieb, den der Bediener mittels Gedanken und Gefühlen modifiziert». Sichtbare Zustände seien «entweder Schwingungswirkungen Ihrer unbewussten Schwingungen, oder sie sind Schwingungsursachen der entsprechenden Schwingungen in Ihnen». Gleichwohl erlaube es ein disziplinierter Mensch «jenen sichtbaren Zuständen niemals, Ursache zu sein, es sei denn, sie erwecken in ihm einen wünschenswerten Bewusstseinszustand.» Mit diesem Wissen über «das Gesetz der Umkehrbarkeit» transformiere der disziplinierte Mensch seine Welt, «indem er sich nur jene Dinge vorstellt und fühlt, die liebenswert und wohllautend sind». Es entsteht eine Form von Kettenreaktion: «Die schöne Idee, die er in sich erweckt, wird affine Ideen in anderen wecken. Er weiß, dass der Erlöser der Welt kein Mensch, sondern jene Manifestation ist, die erlösen würde.»
Was auch immer wir folglich mit Selbstsicherheit suggerieren: Für den subjektiven Verstand ist es Gesetz, ja Verpflichtung, das zu objektivieren, was wir mental bekräftigen. Kontrolle über unser Unterbewusstsein bedeutet folglich Herrschaft über alles: «Jeder Zustand gehorcht der Kontrolle des Geistes. Kontrolle über das Unterbewusstsein wird durch Kontrolle Ihrer Überzeugungen erreicht, und ist der allmächtige Faktor der sichtbaren Zustände. Vorstellungskraft und Glaube sind die Geheimnisse der Schöpfung.»
Goddard, Neville / Daddeh, Daniel (2023): Bewusstsein ist die einzige Realität. Das Lebenswerk des Neville Goddard. Norderstedt (BoD – Books on Demand).
Liebe Lilly, danke für deinen neuen Text. Ich habe das Buch von Goddard nicht gelesen. Aber während ich die Auszüge, die du in deinem Text erwähnst, auf mich wirken lasse, spüre ich eine seltsame Energie. Und etwas in mir geht auf Abwehr. Um welches Bewusstsein geht es? Auch das Ego besitzt ja eine Art von Bewusstheit... Auf welcher Ebene des Bewusstseins findet "das Manifestieren" bei Goddard statt? Das erschließt sich mir nicht eindeutig.
Vielleicht liegt mein Empfinden ja auch daran, dass ich gerade noch so beseelt bin von Gedanken und einer bestimmten Energiequalität aus einem Eckhart Tolle Interview, das ich mir gestern angesehen habe. Wo Eckhart Tolle Dinge sagt wie:
"Freundlich zu sein, zu dem jetzigen Moment, in einem Zustand der Akzeptanz, verändert die ganze Weise, wie man seine eigene Realität wahrnimmt."
Oder:
"Gedanken können ein sehr mächtiges Instrument sein, Dinge zu erschaffen. Sie können beides: wunderbar schöpferisch oder aber zerstörerisch sein...."
"..Veränderung kann nur in der Stille erfolgen... Einer Stille, die dadurch eintritt, dass man austritt aus den Gedanken und die Stille in sich erkennt - was ein tiefes Glücksgefühl, ein Empfinden von Frieden, Eins-sein und All-Liebe auslöst. Nur in diese Stille kann die geistige Energie eintreten, und die Verbindung mit dem höheren Bewusstsein, mit Gott wird fühlbar. Und wenn der Mensch Zugang zu dieser inneren Dimension hat, so dass seine Gedanken zu einem Instrument dieser Intelligenz werden, kann die Intelligenz, die in dieser Dimension ihren Ursprung hat, in die Gedanken fließen. Und wenn du diese Verbindung aufrecht erhältst zwischen der Tiefendimension und den Gedanken, dann sind die Gedanken ein wunderbares Instrumenten und können die ganze Welt verändern.
Diese Gedanken sind dann nicht mehr ein Instrument des Ego, sondern kommen aus der Intelligenz des Universums selbst."
Alles Liebe für dich 🙏❤️
Danke. Goddard steht schon länger auf meiner Leseliste, aber die ist lang ;-)
Durch deinen Text bekomme ich einen guten Einblick in seine Weltsicht (falls das Wort hier überhaupt passend ist).
Mich fasziniert die Frage seit langem, inwieweit wir Schöpfer oder Geschöpfte oder beides sind. Die "Bestellungen ans Universum" waren mir immer zu flach, aber da gibt es doch etwas in dieser "Bewusstseinssicht", das immer wieder zu mir zurückkehrt. Es geht, so erahne ich, um den radikalen Wechsel der Perspektive dessen, was wesentlich oder ursächlich ist und was Folge oder zweitrangig ist. Ich glaube, "wir" liegen derzeit hier noch ziemlich falsch, beziehungsweise sind am Weg, Existentielles zurechtzurücken.
Offen gesagt, verstehe ich viele Formulierungen nicht so recht, sie dringen nicht ganz in mich ein, ich müsste sie "mental durcharbeiten", was aber, so glaube ich, nicht Sinn der Sache ist. Was mir an den "Bestellungen etc." abstossend war / ist, ist das potentiell Manipulative. Das "kleine ich", versucht sich die Welt zurechtzuwünschen. Das erschien mir immer sowohl anmaßend als auch aussichtslos. Anders gesagt, da vertraue ich lieber der Wahrheit des Lebens, als meinen Vorstellungen.
Aber, immer wieder aber, da bleibt etwas darin, dass mich wahrhaftig dünkt. Nämlich, dass "wir" uns so leicht als Opfer von Umständen empfinden und diese gar so ernst nehmen, uns derartig klein denken.
Da komme ich dann zu Bildern, dass es weniger um Lebensumstände, als um Qualitäten und Haltungen und Selbstbilder geht. Konkret gesagt, ich wünsche mir nicht ein Haus mit Swimmingpool, sondern empfinde mich "voraus", aber eigentlich schon jetzt, als am stimmigen Ort lebend, der meine Fähigkeiten am Besten zum Vorschein bringen kann. Eine Lebensqualität, die mich nährt, wodurch ich nährender werden kann. Vielleicht ist das ja verwandt oder das Gleiche, was du und Goddard sagen? Oder eben auch nicht? Beides wäre interessant zu wissen.
Ansprechen tun mich auch die Wünsche, die nicht unterdrückt werden müssen, sondern angenommen. Das spricht zu mir. Nur, was heißt das nun, gelebt?
Mit Dank und besten Wünschen!