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Avatar von Jürgen Weber

Festhalten beschwert, loslassen erleichtert.

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Avatar von Jay Tii

Wie kann ich mir selbst helfen, wenn ich es nie gelernt habe?

Wie kann ich an mich selbst glauben, wenn ich an der Gesellschaft verzweifle?

Liebe Lilly,

wieder einmal hast Du genau in mein Herz getroffen. Jedes Deiner Worte sind wie Regentropfen auf meiner ausgedörrten Seele, ich fühle mich gleichzeitig verstanden und doch weiterhin allein gelassen.

Als Kind der Generation X wurde mir gesagt, dass ich gut in der Schule zu sein habe, damit ich einen guten Job habe und es in der Gesellschaft zu was bringe. Nach der Schule wurde mir gesagt, dass mich nur ein Studium einen sicheren Arbeitsplatz verschaffen kann. Im Studium wurde mir gesagt, dass nur die Besten zählen und die Gesellschaft nach vorne bringen, der Rest ist arbeitslos und sozialer Ballast. Mit dem Start ins Berufsleben wurde ich dann zusätzlich noch in das "Generationenmodell" gezwungen, habe für die Alten die Renten bezahlt und geglaubt, dass auch spätere Generationen für mich im Alter sorgen. "Die Renten sind sicher" wurde mir versprochen und als Kind der Generation X hat man den Autoritäten vertraut - so wurden wir erzogen. Im Job wurde mir gesagt, nur wer alles gibt hat einen sicheren Job und schafft es nach oben. Und sollte es unerwarteter Weise mal schwer werden, würde uns das Sozialsystem des Staates auffangen und unterstützen. Geben und Nehmen - so waren wir erzogen und so war ich es gewohnt, meine Leistung, mein Denken und mein Schaffen in den Dienst anderer zu stellen. Und dann, als ich ganz oben war, stand ich plötzlich ganz alleine da.

Nein, falsch, stehe ich ganz alleine da.

Irgendwo auf dem Weg, irgendwo in all den Jahren der folgenden Generationen Y und Z ging das Bestreben nach der gemeinsamen Verbesserung, dem Interesse für andere und das "Auffangnetz" der Gemeinschaft verloren. Stattdessen wurde nicht nur purer Egoismus zum zentralen Bild und Bestreben der "Gesellschaft", sondern Narzissmus in seiner radikalsten Form.

Und so sehe ich mich heute einer "Gesellschaft" gegenüber, die keinen Zusammenhalt mehr hat und den Begriff "Gesellschaft" per se überhaupt nicht mehr verdient. Einer "Gesellschaft" in der Übervorteilung "zum guten Ton" gehört, in welcher Bereicherung zum erstrebenswerten Ziel geworden ist, Ehrlichkeit nicht mehr gegeben ist und die Menschen bewusst und gezielt mit Falschinformationen klein und dumm gehalten werden. Wie kann man in so einem Umfeld überhaupt Leichtigkeit als Individuum finden?

Ich weiß, dass in so einem Umfeld nur ich selbst mir helfen kann, aber wie?

Intuition? Dank lebenslanger Konditionierung wüsste ich noch nicht einmal, wie die sich anfühlt.

Glaube? An was denn?

Gott, ein höheres Wesen, der Ursprung allen Seins? Wenn es so etwas gäbe, wie konnte es dann überhaupt so weit kommen?

Hoffnung?

Hoffnung auf Reinkarnation und ein besseres "spiel's noch einmal, Sam"?

Aber allein durch diese Gedanken spiele ich ja vermeintlich auf eine Hilfe von außen an, oder?

Wie kann ich mir selbst helfen, wenn ich es nie gelernt habe?

Wenn ich es schon nicht geschafft habe, die Gemeinschaft zu verbessern, zu einem besseren Miteinander nach vorne zu bringen, wie soll ich es dann mit meinem begrenzten Wissen und Weitblick überhaupt schaffen können, mir selbst zu helfen?

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